EXCELLENCE IN EBENSEE

26. November 2014

(Siehe auch: http://fdr.at/fdr_project/excellence-in-ebensee-eine-performance-tour-durch-die-welt-der-spitzenleistungen/)

Excellence_in_Ebensee_Programm

 

„Ohne Leistungsdefinition ist es sinnlos, über Leistung zu sprechen, geschweige sie zur Bewertung menschlicher Tätigkeit heranzuziehen.“ – Lars Distelhorst

Der „Ebenseer Kreuzstich“ ist eine weit verbreitete Stickerei-Technik, deren Namen auf die Stadt Ebensee und ihre einst sehr rentable Textil-, Stickerei- und Heimindustrie zurückgeht (ca. 1870-1960). Der Ebenseer Kreuzstich eignet sich zum besticken von Kissen, Vorhängen, Kopftüchern, Altardecken, Unterwäsche und vielem mehr. Sein entscheidendes Erkennungsmerkmal: alle Verbindungsstiche auf der Rückseite müssen senkrecht verlaufen. Während vorne in alle Richtungen gestickt werden kann, darf die Nadel auf der Rückseite stets nur nach oben und nach unten stechen.

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Fleißarbeit oder verborgenes Leistungsprinzip? Links die dekorative Vorderseite, rechts die akribisch senkrechten Nähte auf der Rückseite eines Ebenseer Tischläufers. Stickerei u. Fotos (c) Norbert Steinwendner, Grünburg, OÖ.

Das erforderliche handwerkliche Können, die geistige Konzentration und der enorme Zeitaufwand muten nach heutigen Effizienz- und Leistungskriterien äußerst mysteriös an – wozu der ganze Aufwand für eine zwar perfekte, aber unsichtbare Rückseite? Der Ebenseer Kreuzstich bringt wohl gewisse Einsparungen im Garn, und eine besonders glatte Haptik – doch was zählt das schon im 21ten Jahrhundert, da Stickerei vor allem ein Hobby geworden ist, oder maschinell perfekt durchgeführt wird? Unter StickerInnen wird der Ebenseer Kreuzstich gerne als „Meditation“ beschrieben, die „besondere Konzentration“ und „vollkommene Ruhe“ erfordert. Manchen bringt das „unproduktive Tun” beim Sticken ein „schlechtes Gewissen“, andere wiederum sticken die unsichtbare Rückseite gerade „für den Herrgott“, der bekanntermaßen alles sieht – handelt es sich beim Ebenseer Kreuzstich womöglich gar um einen geheimen Code?

Die partizipative Performance-Tour EXCELLENCE IN EBENSEE wird dieses breite Interpretationsfeld vor Ort aufgreifen. Anhand des Ebenseer Kreuzstichs wird der Frage nachgegangen, was wir eigentlich heutzutage unter „Leistung“, „Qualität“ und „sinnvoller Tätigkeit“ verstehen. Denn auch in der sogenannten „Leistungsgesellschaft“ zählt nicht nur das vordergründige Ergebnis einer Arbeit.  Ein wirklicher „Leistungsträger“ hat auch eine perfekt gestickte Persönlichkeit, mit allem was dazu gehört: außergewöhnliches schulisches Engagement, unbezahlte Praktika, freiwillige 12-Stunden-Tage, soziales Netzwerk und stets positive Ausstrahlung. Ob diese obsessiven Bemühungen aber als „Spitzenleis- tung“ anerkannt werden oder doch nur „für den lieben Herrgott“ sind, darüber entscheidet wie einst schon bei der Ebenseer Stickerei die internationale Konkurrenz und der Markt.